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Meine Jeansjacke hat nur zwei Taschen

Ich komme gerade von einer nächtlichen Rundfahrt auf meinen Inlineskates. Es ist nicht so, dass ich besonders gern im Dunkeln durch die Straßen rolle, aber ich hatte die kleine Ladebox für meine AirPods gesucht. Während dieser Odyssee habe ich etwas Interessantes über mein Gehirn und meine Gedanken gelernt, das mich unglaublich amüsiert hat. So sehr, dass ich es gern mit dir teilen möchte.

Ich habe so einen Rucksack mit Netz vorne dran, dort packe ich die Ladebox immer rein. Normalerweise hängt sie dort recht fest, ich habe mich aber schon häufiger gefragt, ob sie dort nicht heraushüpfen könnte, zum Beispiel, wenn ich an meinem Schlüsselband ziehe, das daneben steckt oder mein Handy herausnehme, das während der Fahrt ebenfalls im Netz liegt. Wie dem auch sei, nun war es passiert. „War ja klar“, dachte ich. Ich war eben mal wieder sorglos, dabei hatte ich die Befürchtung schon so häufig, warum also hab ich die Box da immer wieder hingesteckt? Ich dachte an meine Jeansjacke und diese zwei winzigen Brusttaschen, in die wirklich gar nichts reinpasst. Bevor ich von meinem Freund losgefahren war, hatte ich sie angehabt und war mit dem Versuch gescheitert, mein Handy in einer der Brusttaschen zu verstauen.

 

Die Erinnerung schlummert in irgendeiner Hirnwindung

Dinge suchen finde ich komplett nervig. Dann gehe ich im Geist alle meine Handlungen und Wege durch, kann mich an so vieles nicht mehr erinnern, weil ich so vieles unbewusst mache oder nebenbei. Die Erinnerung liegt also in irgendeiner Hirnwindung, an die ich nicht herankomme. Zunächst verfuhr ich nach Ausschlusskriterium: Ich durchsuchte meine Wohnung. Nichts. Dann rief ich meinen Freund an, ob ich die Box eventuell bei ihm liegen gelassen haben könnte. Da ich dauernd etwas bei ihm vergesse, war die Wahrscheinlichkeit recht hoch. Nichts. Meine letzte klare Erinnerung an die Ladebox war, dass ich sie bei ihm auf dem Wohnzimmertisch gesehen und in die Hand genommen hatte. Aber hatte ich sie dann in mein Rucksacknetz gestopft? 

 

Immer wieder ging ich die Schritte durch, doch an dem Punkt wurde meine Erinnerung stets unscharf. Ich wollte zumindest alles versuchen und fuhr noch einmal los. Im Dunkeln auf meinen Skates leuchtete ich mit der Handytaschenlampe den Boden ab, auf der Suche nach meinem kleinen weißen Lieblingsstück, das mir bislang so gute Dienste erwiesen hatte. Meine Gedanken kreisten darum, ob die Box überhaupt noch auf dem Boden liegen würde, falls sie herausgefallen war. „Die hat sich bestimmt jemand eigesteckt.“ Mein hilfsbereiter Freund fuhr den Weg von sich aus mit dem Rad ab und kam mir entgegen. Auf der Mitte trafen wir uns. Wir hatten beide nichts gefunden und gingen noch einmal die Möglichkeiten durch. Ich hörte mich immer wieder sagen: „Sie war nicht im Rucksack, ich habe ihn ausgeräumt, er ist komplett leer. Und die Box kann auch nicht in meiner Jeansjacke sein.“ Ich hatte die zwei Brusttaschen inzwischen noch drei Mal durchsucht, was komplett lächerlich ist. So klein wie die sind, merkt man mit einem Handgriff, ob dort etwas drin ist oder nicht. Innerlich regte ich mich über diese Jacke auf, in der man wirklich gar nichts transportieren kann, die ist echt nur zum Schön-sein. In andere Jacken stecke ich die Ladebox nämlich ganz gern, weil ich dann schneller herankomme, als wenn ich erst in den Rucksack greifen muss. 

 

Aber das ging ja leider bei der Jeansjacke nicht. Zu Hause angekommen suchte ich noch einmal die Wohnung ab und dachte immer wieder an meinen Gedanken: „Es KANN nicht in der Jeansjacke sein.“ Dann fiel mir ein anderer Satz ein: „Es sind nicht die Dinge, die wir nicht wissen, die uns Probleme bereiten. Es sind vielmehr die Dinge von denen wir absolut überzeugt sind, die aber gar nicht stimmen."

 

Ich durchsuchte also noch einmal meine wunderschöne Jeansjacke und plötzlich fiel mir auf, dass sie nicht nur zwei Brusttaschen sondern auch noch zwei dezente Seitentaschen hat. Ich steckte meine Hand hinein und während meine Hand die glatte Oberfläche der Ladebox erfühlte, stieg unaufhaltsam ein kaum enden wollender Lachanfall in mir hoch. 

 

Ich finde es urkomisch, wie ich mir so sicher sein konnte und immer wieder betont habe, dass meine blöde Jeansjacke nur zwei Taschen hat und mich absolut nicht daran erinnern konnte, die dritte oder vierte Tasche nur wenige Stunden zuvor genutzt zu haben. Ich glaube, das ist mit so vielen Dingen in unserem Leben so, zum Beispiel, wenn wir sicher glauben, eine Person hätte etwas bestimmtes über uns gesagt oder wir haben ganz sicher die Tür abgeschlossen – was auch immer. Hattet ihr auch schon solche Erlebnisse? Ich freue mich, darüber zu lesen.

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Ninja Priesterjahn

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