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Warum manche Erfahrungen so schmerzhaft sind

Ich lese gerade den „Healing Code“. In dem Buch beschreiben Alex Loyd und Ben Johnson das Delta-Theta-Hirnwellen-Stadium. In den ersten etwa sieben Jahren unseres Lebens leben wir in diesem Stadium. Was heißt das? Erfahrungen werden direkt in unser Gehirn verdrahtet, das bewusste Urteilsvermögen entwickelt sich erst später. Dinge, die uns in dieser Zeit widerfahren, jedes Trauma merken wir uns codiert mit der Perspektive unseres damaligen Entwicklungsstandes. Das heißt, wenn wir heute etwas erleben, das uns daran erinnert, werden wir in das jeweilige Alter zurückkatapultiert. Deshalb sind manche Erfahrungen auch so wahnsinnig schmerzhaft, obwohl wir es uns logisch überhaupt nicht erklären können. 

 

Beispiel: Für mich ist es so unheimlich schmerzhaft, wenn ich mich von Menschen verabschieden muss, die ich sehr mag, besonders, wenn ich noch nicht weiß, ob die Verbindungen bestehen bleibt. Gerade im September war ich mal wieder in einem Beachvolleyballcamp und dieser Schmerz, den ich verspürte, als ich mich von einigen Menschen, die ich dort kennengelernt hatte, verabschieden musste, war richtig tief. Es hat mich wochenlang beschäftigt und begleitet mich noch. Während ich also gerade im „Healing Code“ las, kam eine Szene in mir hoch, als meine beste Freundin umzog. Wir hatten uns als Vierjährige im Miniklub kennengelernt und ich war etwa sechs Jahre alt, als ihre Familie nach der Vorschule entschied, von Berlin nach Aachen zu ziehen. Wir haben uns über Jahre Briefe geschrieben und uns auch ab und zu besucht. Doch die Verbindung war eine andere. Sie saß nicht mehr jeden Tag neben mir in der Schule. Ich konnte nicht mehr an ihrem Haus vorbeilaufen, klingeln und fragen, ob Sonja zum Spielen herunterkommt.

Und jedes Mal, wenn mir heute etwas Ähnliches passiert, falle ich in diese schmerzhafte Erinnerung zurück, in diese tiefe Traurigkeit. Was ich über die Jahre daraus gemacht habe, sind unterschiedliche Bewältigungsstrategien: Manchmal lasse ich Menschen gar nicht erst nah genug an mich heran, damit ein Abschied von ihnen mich nicht verletzten kann. Ab und an habe ich mich auch schon absichtlich, wenn ein Abschied kurz bevorstand, mit der Person zerstritten, um selbst diesen Schmerz kontrollieren zu können. Und die dritte Variante ist: Ich lasse die Verbindung zu und wenn der Moment des Abschieds kommt, dann falle ich, falle und falle und falle. Solche Themen lassen sich nicht in Gesprächstherapie oder durch Strategien lösen, die im Bewusstsein stattfinden, weil diese Erinnerungen tief in unseren Zellen gespeichert sind. Es war einfach so, dass ich mich damals im Delta-Theta-Stadium befand und diese Erinnerung so in mir weiterlebte und so tun das all diese unsere Erinnerungen, bis wir sie heilen. Wie der konkrete Healing Code dafür funktioniert, weiß ich noch nicht, dafür muss ich erstmal weiterlesen.

 

Während ich das lese, erinnere ich mich aber an die Transderivationale Suche, die ich im NLP gelernt habe. Das Gefühl, das ich mit mir herumgetragen hatte war damals das, auf irgendeine Art falsch oder nicht genug zu sein. Dieses Gefühl konnte ich in meinem Körper fühlen. Dann ging ich im Raum auf einer imaginären Zeitlinie rückwärts, so lange, bis das Gefühl in meinem Körper verschwand. Ich ging wieder ein kleines Stück vor, wie um an eine Schwelle zu kommen und mein Ausbilder sagte: „Jetzt nimm wahr, was für Bilder kommen.“ Ich konnte mir nicht vorstellen, was diese Szene mit dem Thema zu tun haben sollte, er meinte aber: „Das, was zuerst kommt, ist meist die Erinnerung, um die es geht.“ Wir können uns das nur rational oft nicht vorstellen. Diese Szene wirkte total harmlos. Ich ging mit meinem Vater und meiner Schwester zum Supermarkt. Ich war vielleicht fünf Jahre alt. Ich wollte an der linken Hand laufen, das war unsere Lieblingshand. Meine Schwester durfte aber an der linken Hand laufen und nicht ich. Das war alles. Mein Vater hat nichts falsch gemacht, meine Schwester auch nicht. Es war einfach so, dass ich mich im Delta-Theta-Stadium befand und diese Erinnerung so in mir weiterlebte bis ich sie heilte. In dem Modell funktionierte das so, dass ich in jede beteiligte Person dieser Szene einmal hineinschlüpfte und ihr die Ressourcen mitgab, die sie gebraucht hätte, damit die kleine Ninja diese Erinnerung als weniger schmerzhaft empfunden oder sie zumindest besser hätte einsortieren können. Danach lief ich auf der Zeitlinie bis in die Gegenwart und ein Stück darüber hinaus und beobachtete dabei, wie auch andere Erfahrungen und Erinnerungen, die nach dieser kamen und mit ihr verknüpft waren, klickten und heilten. Ich werde das jetzt mal mit der Erinnerung an den Abschied von meiner besten Freundin versuchen. Mal schauen, was passiert. Und vielleicht finde ich ja auch noch andere Methoden in dem Buch hier. 

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Ninja Priesterjahn

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